Die Rede von Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz vom 14.-16. Februar brachte die Panik und Demütigung in den europäischen Hauptstädten zum Ausdruck. Von Alex Callinicos
Die Taktik der Regierung von Donald Trump, die Gegner mit so vielen Initiativen zu bombardieren, dass sie zu schockiert sind, um darauf zu reagieren, hat sich in der vergangenen Woche auf Europa ausgeweitet.
Zunächst verkündete Trump, mit Wladimir Putin eine Aufnahme von Verhandlungen zur Beendigung des Ukraine-Krieges vereinbart zu haben. Dann erklärte sein Verteidigungsminister Pete Hegseth, die Wiederherstellung der ukrainischen Grenzen von vor 2014 sei ein »illusorisches Ziel« und ein NATO-Beitritt des Landes sei »kein realistisches Ergebnis«. Diese Woche finden in Riad, Saudi-Arabien, Friedensgespräche zwischen den Vereinigten Staaten und Russland statt, ohne die Ukraine oder Europa.
Aber was die Panik und Demütigung in den europäischen Hauptstädten wirklich zum Ausdruck brachte, war die Rede von Vizepräsident J.D. Vance auf der Münchner Sicherheitskonferenz am 14. Februar.
Transatlantiker:innen Go Home?
Vance schockierte sein überwiegend europäisches Publikum, indem er ihm sagte, dass es das Problem sei. »Die Bedrohung, über die ich mir in Bezug auf Europa am meisten Sorgen mache, ist nicht Russland, nicht China, nicht irgendein anderer externer Akteur. Was mir Sorgen bereitet, ist die Bedrohung von innen.«
Vance zählte einige Standardbeschwerden der extremen Rechten über die Meinungsfreiheit auf. Er erwähnte nicht den größten aktuellen Angriff auf demokratische Freiheiten in Europa – die Unterdrückung der palästinensischen Solidaritätsbewegung. Seine Auslassung war nicht überraschend, da die gleiche Unterdrückung auch in den USA stattfindet.
Dennoch war Vances Rede in Kombination mit den anderen US-Maßnahmen ein Schlag ins Gesicht der in München versammelten neoliberalen Imperialist:innen.
Man erinnere sich daran, dass sich die Europäische Union als »normative Macht« präsentiert. Sie belehrt den Rest der Welt über ihre angeblich überlegenen liberalen demokratischen »Werte«, während sie ihre wirtschaftliche Stärke nutzt, um schwächere Staaten zur Unterwerfung zu zwingen.
Christoph Heusgen, der Vorsitzende der Münchner Konferenz, war bei der abschließenden Pressekonferenz den Tränen nahe. Hat er auch nur eine Träne für die Kinder von Gaza vergossen?
Die Wahrheit ist, dass der Ukraine-Krieg Europas doppelte Abhängigkeit aufgedeckt hat – von den USA in Sicherheitsfragen und von Russland in Bezug auf Gas. Die USA haben der Ukraine die wichtigste militärische Unterstützung gewährt, aber die Hilfe des Westens reichte nicht aus, um das Gleichgewicht zugunsten Kiews zu kippen.
Trumps Entscheidung, mit Putin zu verhandeln, ist eine relativ rationale Reaktion. Sie ähnelt der Initiative von Dwight Eisenhower, einen anderen festgefahrenen Krieg zu beenden, nämlich den in Korea im Jahr 1953.
Die Europäer:innen versuchten, ihre militärische Schwäche durch ein großes Tamtam für die Ukraine und gegen Russland und China auszugleichen. Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hat diese Wende vorangetrieben.
In der internationalen Konkurrenz gibt es keine Freundschaften
Nun stehen die EU und der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im Regen. Europas Rolle nach dem Krieg wird darin bestehen, Friedenstruppen bereitzustellen und den Wiederaufbau der Ukraine zu finanzieren.
Das Wichtigste an Vances Rede war, dass sie die Unterstützung der Trump-Regierung für die extreme Rechte in Europa bestätigte. Nicht nur Elon Musk unterstützt die faschistische Alternative für Deutschland. Vance brüskierte den deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz, der sich auf dem absteigenden Ast befindet, traf sich aber mit der AfD-Vorsitzenden Alice Weidel.
Sowohl Scholz als auch der Mitte-Rechts-Oppositionsführer Friedrich Merz verurteilten Vances Einmischung als Einmischung in die deutsche Innenpolitik. Sie werden nicht die einzigen europäischen Staats- und Regierungschefs sein, die den Atem der neuen Regierung im Nacken spüren. Vermutlich kann eine weitere Faschistin, Marine Le Pen, mit Unterstützung aus Washington rechnen, wenn sie 2027 erneut für das Amt des französischen Präsidenten kandidiert.
Die Trump-Regierung mag die europäische Politik neu gestalten wollen. Das bedeutet jedoch nicht, dass sie Europa im Stich lässt.
Die finnische Ex-Premierministerin Sanna Marin stöhnte am 1. Mai, dass »Europa nicht mehr auf eine transatlantische, wertebasierte Zusammenarbeit und Unterstützung zählen kann«. Nun, die »Werte« der NATO reichten bis zur Aufnahme des faschistisch regierten Spaniens und Portugals als Mitgliedstaaten während des Kalten Krieges und Griechenlands und der Türkei, als sie unter Militärdiktaturen standen.
Bei der Präsenz der USA in Europa ging es nie um »Werte«. Es ging darum sicherzustellen, dass eines der Hauptzentren des globalen Kapitalismus nicht unter die Herrschaft einer feindlichen Macht gerät. Es ging und geht um Interessen. Die NATO wird überleben. Aber vergießen Sie keine Träne für die schikanierten Machthaber Europas, die selbst schikaniert wurden.
Dieser Artikel erscheint zuerst am 17. Februar bei Socialist Worker.
Aus dem Englischen von Simo Dorn.
Titelbild: Wikimedia